Das Silber des Meeres
Ein kleiner Ausschnitt aus der langen Geschichte eines berühmten Fischs
Dänische Steinzeitmenschen sollen ihn ebenso geschätzt haben wie ihre Nachfahren, die Wikinger. Zunächst war sein guter Ruf auf die Küstenregionen der Nord- und Ostsee beschränkt. Doch im Mittel- alter wurde er richtig berühmt und zwar international. Die Rede ist vom Hering, ein eher kleiner und bescheidener Speisefischs, der aber aufgrund seines millionenfachen Vorkommens in riesigen Schwärmen das Zeug zum Exportschlager der aufstrebenden Hanse hatte. Das Silber des Meeres spülte das echte Silber in die Kassen der Hansestädte und begründete damit den Reichtum des kaufmännischen Handelsbunds. Es ist nicht vermessen zu sagen, dass das Abendland ohne den Hering heute andere politische und gesellschaftliche Strukturen hätte. Klar schmeckt er gut, aber was machte den Hering ab dem Mittelalter so beliebt, dass man ihn in der Schweiz ebenso aß wie in Schweden und die Marktfrauen in Barcelona ihn ebenso anpriesen wie die in Bergen?
Bei der Steigerung seiner Beliebtheit spielte die im Mittelalter im 13. Jahrhundert mehr oder we- niger abgeschlossene Christianisierung Europas eine wesentliche Rolle. Die strengen Regeln dieser neuen Religion sahen bis zu 130 Fastentage vor. An denen war Fleisch verboten, der Fisch rückte auf den Speiseplan.Hinzu kam die Entdeckung des Salzens von Herin- gen zum Haltbarmachen. Diese revolutionäre Me- thode leitete eine neue Phase der Fischwirtschaft, der Seefahrt und des Fischhandels ein: Die haltba- re Verpflegung erlaubte es den Fischern und See- fahrern, längere und weitere Seereisen als vorher durchzuführen. Gleichzeitig waren Salzheringe einpraktisches Handelsgut, das bis zu zwei Jahren gut haltbar war. Teuer waren die kleinen Fische auch für damalige Verhältnisse nicht, die scheinbar unendli- che Masse der Fischschwärme hielt den Preis unten, sorgte aber gleichzeitig für klingelnde Kassen.
So war die Hanse aufgrund eines eher unschein- baren Fischs für ungefähr zwei Jahrhunderte rich- tig mächtig und reich geworden. Aber nichts ist für die Ewigkeit. Der Hering blieb auf einmal weg und die Begründung liest sich sehr modern: Klimawan- del. Die kleine Eiszeit im 16. und 17. Jahrhundert ließ den Hering aus der Ostsee fernbleiben. Das machten sich die Niederländer zunutze, vor deren Nordseeküste er noch schwamm. Ein cleverer hol- ländischer Fischer hat dann noch die Reifung zum Matjes erfunden und schon war der Aufstieg der Niederlande zur neuen Vorreiternation in Sachen Hering vorprogrammiert. Mit der Hanse ging es dann schnell bergab und der Rest ist Geschichte.Ironischerweise war der Hering bei denen, die er reich gemacht hat, als Speisefisch nicht sonderlich beliebt. Wer Massen ernährt, ist nicht edel genug für den Tisch reicher Kaufmannsleute. Das hat spä- ter auch Otto von Bismarck erkannt, seinerseits aber ein erklärter Fan des Herings, von dem das Zitat stammen soll: „Wenn der Hering so teuer wie der Hummer wäre, gälte er mit Sicherheit in den höchsten Kreisen als Delikatesse.“ Hering gibt es bis heute grün, mariniert, gereift oder geräuchert. Er ist immerhin noch der viertbeliebteste Speisefisch in Deutschland. Nur der ehemals so weit verbreitete Salzhering hat einen deutlichen Karriereknick erlit- ten. Wahrscheinlich hat die Menschheit im Mittelal- ter einfach genug davon gegessen.
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