Meine Inseln der Abenteuer
Immer auf Achse

Für Cathrin, Kochbuch-Autorin und Gastronomie-Beraterin, bedeutet ein Som-
mer auf Rügen und Hiddensee vor allem eins: viel Arbeit. Warum sie ihre Abenteuerlust
trotzdem immer wieder an die Ostsee zieht und was das mit Mathias Schilling zu tun hat,
verrät sie hier.
Was zieht Sie an die Ostsee?
Manche Menschen fahren in die Berge, andere lieber ans Meer. Ich bin definitiv ein Meer-Typ. Ist die See sanft, beruhigt sie mich. Wenn sie tobt, genieße ich das Spektakel. Egal, wo auf der Welt ich einen Urlaub plane oder einen neuen Job annehme, ein Meer ist möglichst immer in der Nähe. An die Ostsee fahre ich nicht zum Urlaub machen, sondern zum Arbeiten. Ich kenne da jemanden, der hat ein Faible für Inseln ...
Wir ahnen dunkel: Es geht um Mathias Schilling?
Ja! Wir kooperieren schon seit über zehn Jahren. Er ist auch ein Abenteurer. Zu manchen seiner neuen Unternehmungen holt er mich dazu. Als ich ihn kennenlernte, hatte er gerade Schillings Gasthof in Schaprode übernommen. Mit Mathias verbindet mich vor allem die Unternehmungslust und die Freude an schönen gastronomischen Orten. Wir lieben es, wenn Gäste sich wohlfühlen und gerne wiederkommen.
Sie machen also beruflich Gäste glücklich?
Die Frage nach meinem Beruf ist eine gute Frage. Meinen Beruf habe ich mir sozusagen selbst auf den Leib geschneidert. Gastronomieberaterin trifft es am ehesten. Ich erstelle kulinarische Konzepte und bringe sie auf den Weg. Das kann ein ganzes Restaurant sein oder eine neue Speisekarte, ein neues Produkt oder frischer Wind im Marketing. Ich schreibe auch kulinarische Bücher, Texte und Rezepte.
Welches ist Ihr Lieblingsprojekt an der Ostsee?

Als Mathias Schilling vor einigen Jahren im März anrief, ihm sei da ein rotes Holzhaus im Schwedenstil mitten in Vitte angeboten worden, hatte ich eigentlich etwas anderes im Sommer vor. Wir standen schon häufiger vor der ehemaligen Hiddenseeklause, weil wir das Objekt so hübsch fanden. Als sich plötzlich die Gelegenheit zur Übernahme bot, hat Mathias zugegriffen. Ich glaube er hat gewusst, dass er mich damit locken kann. Wir haben dann in Rekordzeit umgebaut und geplant und im selben Jahr, drei Monate, später „Das rote Haus“ eröffnet. Das Konzept sah ein wechselndes kulinarisches Programm mit vielen Veranstaltungen vor. Das war für viele etwas gewöhnungsbedürftig. Im kommenden Jahr musste dann wegen Corona ein neues Konzept gefunden werden. Da habe ich mich einfach in die Küche gestellt und gekocht. Einen Koch im eigentlichen Sinne hatten wir ja bislang nicht. Da hat sich mein heimlicher Traum von einem Restaurant mit einer Küche ganz nach meinem Geschmack erfüllt.
Was hat Sie zur Speisekarte im
„Roten Haus“ inspiriert?
Die Ostsee natürlich! Ich habe Rezepte aus dem gesamten Ostseeraum gesammelt; Schweden, Dänemark, Polen, das Baltikum ... Überall habe ich wie ein kulinarischer Pirat ein bisschen geräubert. Mir ist es auch wichtig, dass die Zutaten aus der Region kommen oder zumindest kommen könnten. Ich backe mit Roggenmehl, liebe Käse aus Mecklenburg-Vorpommern. Statt Reis nehme ich Graupen, statt Balsamico Apfelessig. Fisch gibt es aus der Ostsee, am liebsten natürlich von den Hiddenseer Kutterfischern. Ich erlaube mir nur wenige Ausnahmen, etwa bei den Gewürzen oder bei meinen meinen heißgeliebten Zitronen.
Wo haben Sie Kochen gelernt?
Im familiären Umfeld und zu Hause bei meinen Eltern. Vor allem mein Vater kocht sehr gerne und gut. Meine Oma hat ihn und seine Brüder gut trainiert, denn sie war als vielbeschäftigte Müllersfrau und Landwirtin auf jede helfende Hand angewiesen. Wollten die Jungs Kuchen oder Kekse, mussten sie eben selber ran an den Herd. Mein Vater ist dann erst Müller und später Mühlenbau-Ingenieurgeworden, das hat bei mir natürlich ein gewisses Verständnis für die Prozesse bei der Lebensmittelproduktion hervorgerufen. Auch in der Familie meiner Mutter wurde gerne und gut gekocht und gegessen, hier gab es auch berufliche Verbindungen ins Bäcker und Konditoren- Handwerk. Was auch nicht geschadet hat, ist eine Kindheit in Spanien, ein Land mit viel Liebe zu guten Zutaten und kulinarischen Traditionen. Lange Rede, kurzer Sinn, mein Umfeld hat mich einfach geprägt und ein bisschen was ist mir wohl auch in die Wiege gelegt worden.
Was war Ihr letztes Abenteuer?
Das war mal nicht auf einer Insel. Aber am Meer. Ich bin mit dem Motorrad an der Küste Uruguays hoch nach Brasilien gefahren und dann wieder runter bis nach Argentinien. Die Atlantikküste dort ist gewaltig, die Strände sind endlos, die Dünen hoch und die Brandung stark .
Es passt, dass sich dort die Wale treffen, um zu spielen und sich zu paaren.
Was wird das nächstes Abenteuer?

Mathias Schilling hat angedeutet, dass er da so eine neue Idee hat. Das ist aber noch nicht spruchreif. Ich bin sehr gespannt, wo die Reise diesmal hingeht! Parallel arbeite ich an zwei neuen Kochbüchern mit historischen Themen und möchte mich demnächst auch mal an ein Drehbuch wagen. Außerdem träume ich seit Jahren von einer eigenen Käserei.
Das Rote Haus in Vitte
Das Rote Haus ist ein schönes Lokal auf der Insel Hiddensee.
Das klassische Holzhaus im Schwedenstil gibt es schon lange und es hat schon viel gesehen. Es wurde im Jahr 1925 gebaut. Da stand es ganz allein auf der Wiese und hieß Villa Gertrud. Der Eigentümer war ein Friseurmeister und da, wo jetzt unser Gastraum ist, war sein Frisier-Salon. Im Laufe der Jahre gab es Zeiten als Lager, als Schule und schließlich als Gastronomie. Wir lieben es, das Haus zu hegen und zu pflegen und es mit neuem Leben zu füllen. Der Gastraum ist hell, schlicht und gemütlich eingerichtet. Weiße Wände, helle Holztische, handgezimmerte Bänke, Wiesenblumen in Vasen und nostalgische Ansichten der Insel in schwarz/weiß laden zum Verweilen ein. Von der großen Terrasse aus hat man das Leben im Zentrum vom Hafenort Vitte gut im Blick. Wir kochen weltoffen mit regionalen Zutaten. Unsere kleine Speisekarte ergänzen wir durch immer frische Tagesgerichte für Freunde von regionalem Fisch, Fleisch und Gemüse. Einen Dosenöffner haben wir nicht, bei uns wird alles handgemacht.